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So neu ist das Thema ja nun inzwischen nicht mehr. Ohne ihm bewusst den Namen „Homeoffice“ zu geben, hat man sich vor allem in leitenden Positionen ja beinahe immer schon „Arbeit mit nach Hause genommen“.

Denken wir nur mal an die Lehrer, die nach Schulschluss, zumeist abends, noch Stapel von Klausuren korrigieren oder Beurteilungen schreiben – nun ja, die haben für den Homeoffice-Hype der letzten Jahre vermutlich gerade mal ein müdes Lächeln übrig. Je nach Platzangebot hat man sich also in vielen Berufen immer schon ein Eckchen oder ein ganzes Zimmer im Haus als berufliches Refugium eingerichtet und genutzt.

Und doch: Der stärker werdende Fokus auf dieses Thema hat absolut seine Berechtigung. Da, wo vor 10 Jahren mit den Argumenten „Datenschutz“, „Teamwork“ oder „Bandbreite“ dem Versuch des Arbeitens von zu Hause aus in den meisten Fällen ein Riegel vorgeschoben wurde, können heute auch Berufe mit speziellen Anforderungen aus eben jenen Bereichen durchaus professionell und sauber das Konzept „Homeoffice“ angehen. Und es geht ja nicht nur um die Art des Berufes, sondern auch um die Position des Angestellten.

Bisher war es kein Problem, als Vorgesetzter „mal einen Tag Homeoffice“ zu machen. Doch der „kleine Angestellte“? Der Trupp fleißiger Bienchen, die gesteuert, kontrolliert und motiviert werden müssen?

Welchen vor 10 Jahren zutreffenden Argumenten können wir heute also entspannt begegnen, ohne auf die Vorteile des Homeoffice verzichten zu müssen?

„Da weiß ich nicht, was meine Leute den ganzen Tag machen.“

Dass die Mitarbeiter im Homeoffice für den Vorgesetzten außer Reichweite sind und sich somit seiner Kontrolle entziehen, ist eine der am häufigsten geäußerten Befürchtungen. Natürlich – ein gewisses Grundvertrauen den Mitarbeitern gegenüber sollte vorhanden sein. Aber das sollte es sowieso, mit oder ohne Homeoffice. Da gibt man einem Mitarbeiter Passwörter und Zugriff auf firmeninterne Infos, Kundendaten oder Finanzen und hat dann Vertrauenssorgen, ihn ins Homeoffice zu schicken? Das klingt irgendwie absurd. Kein Chef sitzt permanent hinter seinen Angestellten und schaut zu, was sie am PC machen. Wie auch – spätestens bei mehr als 2 Mitarbeitern wird das schwierig. Sein Monitoring wird dann also auf virtuelle Art und Weise stattfinden.

Und Sie ahnen es bereits: Das gelingt im Nachbarbüro mit nahezu denselben technischen Mitteln wie über beliebige Entfernungen hinweg. Monitoring ist übrigens ein echtes Schlagwort. Arbeitszeiten, Einhaltung von Richtlinien (z. B. Datenschutz) oder das Qualitätsmanagement in der Kundentelefonie können natürlich nicht vollständig dem blinden Vertrauen überlassen werden. Doch hier sorgen durchdachte Lösungen für Entspannung. Video-Identifikationssysteme, Ticketsysteme oder die Aufzeichnung von Telefonaten mit anschließender Analyse sind hier denkbare Szenarien, die bereits erfolgreich eingesetzt werden. Gute Telefonanlagen, an die der Homeworker per Remote Agent heutzutage angeschlossen ist, erlauben einen permanenten Blick auf die Warteschleife, die Auslastung und das Telefonverhalten der Agenten sowie deren Pausenstatus, und sie geben dem Teamleiter von außerhalb die Möglichkeit des Mithörens.

„Das Team muss sich permanent abstimmen können.“

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Ja – muss es und kann es auch. Alles, was per E-Mail oder Chat nicht besprochen werden kann, wird in die Konferenzen verlagert. Ob Video oder Telefon ist hierbei sicher hauptsächlich projektabhängig. Vorstellungsgespräche sind per Video vermutlich umfassender, Workshops mit klassischen Methoden wie Flipcharts machen per Video ebenfalls mehr Spaß. Alles andere, wie first Drafts, Abstimmungsprozesse etc. wird durch „Document Sharing“ aufgefangen. Collaboration-Tools wie Skype for Business oder Konferenzdienste wie GoToMeeting bieten hier alle Möglichkeiten. Moderne Unternehmen, die bereits massiv ins Homeoffice auslagern, haben Video-Chatrooms eingerichtet, die ähnlich funktionieren, wie eine Kaffeeecke in der Firma. Man trifft sich, macht fünf Minuten Pause, erzählt auch mal von den Kindern – Kollegen-Schnack eben, wie im realen Leben. Im Hintergrund werden Snapshots von witzigen Momenten eingeblendet oder vielleicht Werbebotschaften untergebracht. So sieht es auch in einer echten Teeküche aus: Eine Pinnwand, Pizzaflyer, vielleicht eine Fachpublikation der jeweiligen Branche.

Diese Möglichkeiten werden von den Unternehmen übrigens nicht nur als Kommunikationsplattform angeboten. Es ist essentiell wichtig für alle Mitarbeiter, im eigenen Homeoffice nicht zu vereinsamen. Dieser Punkt wird gerne unterschätzt, wenn die vielen Vorteile dieser Arbeitsweise zu sehr strahlen.

Ja – man ist alleine, den ganzen Tag. Um hier ein echtes Teammitglied zu werden oder zu bleiben, ist eine soziale Komponente enorm wichtig, vor allem für die Mitarbeiter, deren Arbeit vorrangig im Homeoffice stattfindet. „Vorrangig“ muss zwingend bedeuten, dass es auch Vor-Ort-Meetings gibt. Echte Präsenz ist wie ein sozialer Anker für beide Seiten – für den Homeworker aber auch für die Teamkollegen im Büro.

„Wie soll ich denn da fair Leistungen bewerten?“

Hierzu gibt es Studien, deren Ergebnisse zum Lachen wären, wenn sie nicht so bitter die Wahrheit zeigten. Woran bewertet ein Chef die Leistungen seines Teams? Es gibt die vermeintlich Fleißigen, deren Bürolicht bereits morgens um 06:00 Uhr und auch noch abends um 21:00 Uhr an ist. „Der arme Kerl arbeitet schon seit 15 Stunden… !“ (Tut er das wirklich?) Dann gibt es noch die, die jeden kleinen Fortschritt dem Chef mitteilen und somit unglaublich präsent sind. In der Wahrnehmung kommen hier permanent positive Nachrichten – quantitativ beeindruckend, qualitativ fraglich.

Getrickste Zahlen, manipulierte Situationen – Gunter Dueck hat hierzu in seinem neuesten Werk „Schwarmdumm“ auf eindringliche Art und Weise dargestellt, auf welche Tricks Angestellte vor den Augen des Chefs zurückgreifen, um als gute Performer dazustehen. Dabei sollte das Augenmerk klar ergebnisorientiert sein. Wichtig sind das eigentliche Ergebnis, der Nutzen für das Team, die Nachhaltigkeit. Meetings schneiden auf der Dueck’schen Wichtigkeitsskala sowieso ganz schlecht ab, was dem Prinzip Homeoffice ein paar Extrapunkte zuspielt.

„Den technischen und logistischen Aufwand können wir uns nicht leisten.“

Von Telefon- und Videokonferenzen war bis hierher die Rede. Von moderner Software, remotefähigen Telefonanlagen und externen Diensten. Natürlich benötigt das Homeoffice eine gewisse Ausstattung je nach Aufgabenfeld. Bleiben wir bei einem Callcenter-Agenten als Beispiel, so muss das, was im Callcenter vor Ort wie selbstverständlich vorhanden ist, ebenfalls eingerichtet werden: Lärmschutz, eine performante Internetleitung, optimalerweise eine separate Telefonleitung, ein gutes Headset, Datenschutzvorrichtungen, ein leistungsstarker Computer mit zweitem Bildschirm und die oben bereits erwähnte Software.

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Im Homeoffice treffen wir dabei auf ganz besondere Herausforderungen. Lärmschutz bedeutet hier nicht nur die Abschottung gegen ebenfalls telefonierende Kollegen, sondern auch gegen Türklingeln, Hundegebell, Kindergeschrei. Eine performante Internetleitung ist in den Großstädten mittlerweile auch in Privathaushalten Standard, ländliche Gebiete aber sind diesbezüglich häufig noch „entwicklungsländlich“. Der Ausbau mit LTE und Glasfaser schreitet aktuell stärker voran, ist aber lange noch nicht abgeschlossen. Doch gerade die ländlichen Gebiete sind es ja, die durch das Homeoffice an die Arbeitswelt stärker angebunden werden sollen.

Homeoffice und Datenschutz

Auch der Datenschutz muss anders angegangen werden und erfordert im Homeoffice besondere Maßnahmen. Was im Unternehmen vor Ort durch physische Zugangskontrollen geregelt werden kann, muss in einem privaten Umfeld durch bauliche Maßnahmen ähnlich funktionieren und auch diese müssen gegebenenfalls erst geschaffen werden.

Die geschilderten Bedingungen sehen gigantisch aus, sind aber bei näherer Betrachtung oft schon teilweise erfüllt und ansonsten gut nachrüstbar. Der Trend zu BYOD (Bring your own device) sorgt für weitestgehend gute technische Ausstattung mit Computern und Telefonen. Mit dem richtigen Headset inklusive Noise Cancelling kann der meiste störende Lärm ausgeblendet werden, eine abschließbare Bürotür sorgt hier für zusätzliche Ruhe. Diese ist in den Aufgabenfeldern, in denen auch im Homeoffice sensible Daten verwaltet werden, sowieso obligatorisch und sollte entsprechend bereits zu Beginn durch den Arbeitgeber überprüft werden. Beim Thema Datenschutz sollte man zudem durch die Anordnung der Büroeinrichtung darauf achten, mit dem Rücken zu einer Wand zu sitzen, um Bildschirm-Einblicke von außen oder von der eigenen Bürotür aus zu vermeiden. Die restliche Zugangskontrolle obliegt nun dem Homeworker – das Thema „Vertrauen des Arbeitgebers“ hatten wir weiter oben bereits angesprochen…

Bleibt also noch die Anschaffung der geeigneten Software im Unternehmen, wenn nicht schon geschehen, das Aufrüsten der eigenen Telefonanlage, wenn nicht schon geschehen und der Mut, es einfach anzupacken. Ob das wirklich teuer ist, sollte man im Vergleich mit Krankheitsausfällen, Reisekosten oder hoher Mitarbeiterfluktuation überlegen. Die Antwort liegt nahe.

Übrigens…

An dieser Stelle werden nach wie vor diverse Berufsgruppen kategorisch von der Eignung zum Homeoffice ausgeschlossen. Schauspieler, Supermarktkassier, Chirurgen, Krankenschwestern, Ärzte… Die Liste ist lang und bleibt es vermutlich auch. Allerdings müssen wir auch hier offen für Veränderungen bleiben. Der Arzt sitzt nicht mehr allzu fest auf dieser Liste. So schreitet beispielsweise die Telemedizin voran. Was eigentlich dazu gedacht war, den Patienten von zu Hause aus via Video-Chat seine Symptome schildern zu lassen, um ihm einen möglicherweise beschwerlichen Weg zum Arzt zu ersparen, öffnet Tür und Tor für den umgekehrten Fall: Das virtuelle Arztzimmer im Homeoffice, Konsultation per Video-Analyse, vor 15 Jahren noch undenkbar. In diesem Sinne: Sag niemals nie!


Kristin RosenowKristin Rosenow ist Diplom-Betriebswirtin und seit Januar 2011 Chefredakteurin der Fachzeitschrift für Service, Qualität und Technik – SQUT®. Als freie Beraterin unterstützt und berät sie Unternehmen in der Kundenkommunikation und in der Rekrutierung und Ausbildung von Callcenteragenten mit dem Schwerpunkt Homeoffice.
www.squt.de

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